Hessenweit einmalig: Lebensraum Borkener Seen
Die großen Braunkohlerestlöcher bei Borken, also das NSG Borkener See, der Singliser See und der ehemalige Tagebau Gombeth, sind in ihrer Ausdehnung und in ihrem Artenreichtum in Hessen sicher einmalig.
So konnten hier seit 1990 insgesamt 235 Vogelarten beobachtet werden. Von diesen sind 83 in der Roten Liste von Deutschland und 82 in der von Hessen enthalten, so dass das Gebiet der Borkener Seen einen der bedeutendsten Vogellebensräume in Hessen darstellt.
Die großen, freien Wasserflächen des NSG Borkener See sowie des Singliser Sees besitzen eine große Bedeutung als Rastgebiet für zahlreiche seltene Vogelarten. Regelmäßig können hier mit Stern- und Prachttaucher, Saat- und Bläßgans, Kolben-, Berg-, Eis-, Trauer- und Samtente, Zwerg- und Mittelsäger, Kranich, Lach- und Zwergmöwen sowie Trauerseeschwalben aus Skandinavien oder Sibirien beobachtet werden. Auch seltene Gäste wie Zwergschwan, Ringelgans, Rotfußfalke, Säbelschnäbler, Steinwälzer, Odins- und Thorshühnchen, Küsten- und Zwergseeschwalbe sowie Weißbart- und Weißflügel-Seeschwalbe fehlen nicht. An guten Tagen können durchaus bis zu 2.000 Entenvögel und ebensoviele Möwen auf den Seen beobachtet werden.
Ein Besuch lohnt am ehesten zur Zeit der Zughöhepunkte von März bis Mai und im November. Als Brutgebiet ist eine hohe Bedeutung der expandierenden Schilfbestände sowie der Flachwasserzone des Singliser Sees für Teichrohrsänger und Rohrammer bzw. Zwerg- und Haubentaucher sowie Reiherente gegeben. Weitere bemerkenswerte Brutvorkommen sind von Wasserralle, Blaukehlchen, Gelbspötter, Beutelmeise und Pirol bekannt.
Tagebau und Kiesgrube: Mondlandschaft für Spezialisten
Die Vielzahl seltener Tierarten, die in den letzten Jahren in den Abbaulandschaften des Kreisgebietes beobachtete wurden, belegt eindrucksvoll, welche Bedeutung die “Mondlandschaften”, die der Braunkohleabbau wie auch anderweitiger Abbau von Bodenschätzen hinterlassen, für viele Tier- und Pflanzenarten haben. Dabei handelt es sich meist um Organismen, die speziell an das Überleben in – für das menschliche Auge “trostlosen” – frühen Sukzessionstadien ohne flächendeckenden Pflanzenwuchs angepasst sind. Ohne Rohböden und Schlammflächen können die meisten dieser Arten nicht überleben.
Vor den Flussbegradigungen kamen sie vor allem in der “dynamischen Aue” vor, einem Bereich, in dem durch Hochwässer alljährlich neu unbewachsene Abschnitte, Schlammflächen, Uferabbrüche und Kiesbänke entstanden. Aufgrund dieses ständigen Wechsels besitzen die meisten hier typischen Arten ein hohes Ausbreitungsvermögen. Für den Naturschutz zählen diese “Sukzessionsspringer” zu den am schwierigsten zu schützenden Arten, denn die Sukzession aufzuhalten oder in mehrjährigem Rhythmus zurückzudrehen ist nicht nur teuer, es stellt auch ein grundsätzliches Problem dar: Um frühe Sukzessionsstadien zu erhalten, müssen spätere, jedoch ebenso natürliche, Phasen beseitigt werden.