Lebensraum für den Wachtelkönig | HGON Hess. Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

Lebensraum für den Wachtelkönig

Einer der seltensten Vögel in Hessen:

Wachtelkönige zurück in der Schwalm

Auf die Frage, einen seltenen Vogel zu nennen, ist die Antwort meist eindeutig: Storch, Kranich, Adler. Durch umfangreiche Schutzmaßnahmen haben sich die Bestände dieser Arten in den letzten Jahrzehnten glücklicherweise bundesweit wieder sehr gut erholt. Inzwischen gibt es daher einige Vögel, die nicht nur wesentlich seltener sind, sondern deren Aussterben in weiten Teilen Deutschlands unmittelbar bevorsteht. Einer davon ist der Wachtelkönig, der in diesem Jahr wieder in den Auen der Schwalm zu Hause ist.

wachtelkönig

Wachtelkönig bei der Beringung, Foto: Stefan Stübing

Wachtelkönige sind geheimnisvolle Vögel. Selbst erfahrene Vogelkundler bekommen den Vogel so gut wie nie zu sehen, da er sich als Bodenbewohner abwechslungsreicher Feuchtwiesen vor Feinden sehr gut zu verbergen weiß und nur nachts seinen auffallenden Ruf erschallen lässt. Mehrere Jahre war dieser Ruf selbst in den Auen der Schwalm, einem der letzten fünf Brutgebiete in Hessen, nicht mehr zu hören. Nun aber rufen an drei Stellen wieder insgesamt sechs Wachtelkönige, ein großer Erfolg für die Naturschutzbemühungen der Stadt Schwalmstadt und der Naturschutzverbände HGON und NABU.

Bei den rufenden Wachtelkönigen handelt es sich tatsächlich um „kleine Könige“, also um Männchen. Mit den anhaltenden, weitschallenden „räp-räp, räp-räp, räp-räp…“-Tönen hat es eine besondere Bewandtnis: Damit werden die nachts auf der Suche nach Männchen umherfliegenden Weibchen angelockt. Allerdings sind die Weibchen wählerisch, sie unterbrechen nur für einen Chor aus mehreren Männchen ihre Reise. Bei nur einem rufenden Männchen wäre die Gefahr zu groß, dass es sich um ein kleines, zur Aufzucht der Brut nicht geeignetes Gebiet handelt. Sind aber die Rufe von mehreren Männchen zu hören, schließen die „Königinnen“ auf ein gutes Brutgebiet lassen sich dort nieder.

Wachtelköniglebensräume müssen daher nicht nur einige dutzend Hektar groß und recht still sein, damit die Weibchen die Rufe überhaupt hören können. Die Wiesen müssen zudem blütenreich und lückig sein, so dass sich selbst die winzigen Jungtiere, knapp von der Größe einer Euro-Münze, schon kurz nach dem Schlupf schnell zwischen den Gräsern bewegen können, um sofort ihre aus kleinen Insekten bestehende Nahrung zu erwischen. In gedüngten, dichten Löwenzahnwiesen, wie sie aus Landwirtschaftssicht am günstigsten sind, können die kleinen Küken nicht durch die Vegetation dringen und verhungern schnell. Wenn es überhaupt zum Schlupf von Küken kommt: Meist geht das Gelege schon zuvor verloren, weil die Wiesen spätestens Ende Mai gemäht werden. Das alles erklärt, warum Wachtelkönige inzwischen so selten geworden sind.

In Hessen ist die Art sogar derart selten (etwa 300 Weißstorchpaaren stehen hier im ganzen Land nur 10 bis 20 Wachtelkönige gegenüber), dass Mittwoch Abend der Diplom-Biolog Steffen Koschkar als Experte der Vogelschutzwarte in Frankfurt anreiste, um sich ein Bild vom Vorkommen der Tiere zu machen und die seltene Gelegenheit zu nutzen, einen der Wachtelkönige zu beringen. Dabei wird dem Vogel ein kleiner Metallring um den Unterschenkel gelegt, auf dem eine individuelle Kennzahl eingraviert ist. Kommt der Vogel irgendwo wieder in menschliche Hände, kann so der Weg festgestellt werden, den er seitdem zurückgelegt hat, was Aufschluss über weitere Schutzmöglichkeiten gibt.

Die Gelegenheit, den sonst nur zu hörenden Wachtelkönig bei der Beringung auch einmal leibhaftig zu sehen, nutzte auch der Schwalmstädter Bürgermeister Gerald Näser. „Der Wachtelkönig ist zwar kaum zu sehen, er ist jedoch wunderschön gefärbt und außerdem faszinierend an seinen Wiesen-Lebensraum angepasst. Das verdient Unterstützung“, so der Bürgermeister angesichts des beringten Wachtelkönigs. „Die Stadt Schwalmstadt unterstützt das Wiesenvogelprojekt der Naturschutzverbände daher auch zukünftig wo immer es möglich ist“, versprach Näser. Auch der Wachtelkönig selbst profitierte direkt von der Beringung: Der Bodenvogel hatte sich in ein Weizenfeld verlaufen, in dem eine Brut ausgeschlossen wäre, und wurde daher in eine optimale Feuchtwiese umgesetzt.

Hier können Sie einen Wachtelruf hören und der ist etwas ganz besonderes: Wachtelruf

 

Arbeitskreis Schwalm-Eder