Botschafterin für Feuchtwiesen und Moore
Die gefährdete Bekassine ist Vogel des Jahres 2013
Schwalm. Die Bekassine ist in Deutschland selten geworden und stark gefährdet. Ihre Lebensräume, Feuchtwiesen und Moore, verschwinden immer mehr. Deshalb wurde die wegen ihres meckernden Rufes auch „Himmelsziege“ genannte Schnepfenart vom NABU und vom LBV zum Vogel des Jahres 2013 gekürt. „In ganz Hessen gibt es nur noch 100 bis 150 Reviere der Bekassine“, erklärte NABU-Landesvorsitzender Gerhard Eppler. Seit den 1970er Jahren haben die Bestände kontinuierlich abgenommen. Mit der Kür zum Vogel des Jahres soll die Bekassine als Botschafterin für den Erhalt von Mooren und Feuchtwiesen werben. Der taubengroße Schnepfenvogel mit dem beige-braunen Federkleid und dem markanten Schnabel wird wegen seines lautstarken Balzflugs auch gerne „Meckervogel“ genannt.
„Die Bekassine hätte tatsächlich guten Grund, sich zu beschweren, denn mit Mooren und Feuchtwiesen schwindet ihr Lebensraum zusehends. Es wird allerhöchste Zeit, Feuchtwiesen in Hessen streng zu schützen. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass der Grundwasserspiegel abgesenkt und Flächen entwässert, Grünland umgepflügt und Wiesen aufgeforstet werden“, so Eppler. Dass die Bekassine in Deutschland vom Aussterben bedroht sei, liege vor allem an der systematischen Zerstörung ihrer Lebensräume. Der Biotopschwund betreffe viele weitere Arten, darunter nahe Verwandte wie den Großen Brachvogel oder die Uferschnepfe, die in Hessen schon praktisch ausgestorben sind.
„Von der Politik erwarten wir daher einen konsequenten Schutz für alle Arten der Feuchtwiesen und Moore. Wiesen und Weiden zu erhalten und wiederzuvernässen ist zudem ein sehr effizienter Beitrag zum Klimaschutz“, erklärte Eppler.
In Hessen gibt es nur noch wenige Orte, an den die Bekassine beobachtet werden kann. 60 bis 80 Prozent ihrer Bestände brüten in den Feuchtgebieten der Wetterau. In den höheren Lagen von Rhön, Vogelsberg und Westerwald gibt es nur noch Einzelpaare, weil viele kleinere Brutplätze durch Entwässerung und Verfüllung verloren gegangen sind. Entlang der Schwalm war der seltene Vogel usprünglich weit verbreitet und kam mit 50 bis 100 Paaren in Feuchtwiesen vor. Inzwischen muss die Art seit fast zehn Jahren als ausgestorben gelten, doch hatte sich ein Paar zur Brutzeit 2011 im Wiesenvogelschutzgebiet im Rückhaltebecken zwischen Ziegenhain und Treysa angesiedelt, berichtet der Schwalmstäder Vogelkundler Stefan Stübing von der HGON.
Ein zentrales Merkmal der Bekassine ist der spektakuläre Balzflug der Männchen mit einem lautstarken „Wummern“, das wie Meckern klingt. Der Laut entsteht während des Sturzflugs, wenn durch den Wind die abgespreizten äußeren Schwanzfedern zum Vibrieren gebracht werden. Die Männchen steigen auf meist 50 Meter Höhe in scharfem Zickzack steil auf, um dann jäh zur Seite abzukippen. Dieser Kunstflug ist besonders gut von März bis Mai zu beobachten. Der mit sieben Zentimetern überproportional lange und gerade Schnabel ist das auffälligste Kennzeichen der Art. Bekassinen stochern mit ihm tief im weichen Boden, um Kleintiere zu orten und zu ertasten. Neben Würmern, Schnecken und Insekten stehen auch Sämereien und Beeren auf dem Speiseplan.
Die Naturschutzverbände HGON und NABU Hessen verfolgen seit Jahren die Strategie des Flächenkaufs für den Naturschutz und übernehmen die fachkundige Betreuung von Schutzgebieten wie dem Wiesenvogelgebiet im Rückhaltebecken Schwalmstadt. Dadurch konnten bereits viele Gebiete als Lebensräume für den Vogel des Jahres 2013 gerettet werden. Darüber hinaus kann jeder Einzelne zum Schutz der Bekassine beitragen, indem er torffreie Blumenerde verwendet, so die Verbände. So werden die Moore in Norddeutschland und Osteuropa vor der Abtorfung bewahrt und können als Brutplatz der Bekassine und vieler weiterer Arten geschützt werden. (Text: Stefan Stübing)